"Es wird zu häufig operiert"Mediziner Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer über das "Kreuz mit dem Kreuz"/ "Kamingespräche" des GaLaBau NRW in Gelsenkirchen
Gelsenkirchen (pcw). Nicht nur vor dem Hintergrund der Euro-Krise haben viele Bürger den Eindruck, es geht in der Politik nur noch um Ökonomie. Besonders im Gesundheitswesen scheint nur noch von Geld die Rede zu sein. "Wir sollten die Medizin nicht nur als Kostenfaktor betrachten, sondern auch als Kulturgut", empfiehlt der Mediziner Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer.
Wie der Inhaber des Lehrstuhls für Radiologie als auch für Mikrotherapie an der Universität Witten/Herdecke bei den jährlichen "Kamingesprächen" des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus NRW in Gelsenkirchen deutlich machte, wird im Gesundheitswesen zu technokratisch gedacht und gehandelt. Dabei kritisierte der Mediziner vor mehr als 160 Gästen einerseits, dass ein Orthopäde mit 30 Euro pro Patient und Quartal auskommen muss ? egal wie oft er von der einen Person konsultiert wird. Andererseits ließen sich 80 Prozent der in Deutschland erhältlichen Medikamente einsparen. wenn sich alle mehr bewegen und gesundheitsbewusster ernähren würden - "und sich mehr freuen würden." Denn sich im Leben wohlzufühlen sei ein wesentlicher Aspekt für Gesundheit.
Wenn sieben von zehn Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren schon über Rückenprobleme klagen und immer mehr Kinder nicht mehr auf einem Bein stehen können, ist aus Sicht des Professors die Zeit längst überfällig, grundlegend etwas zu ändern. Denn ein schlechter Gleichgewichtssinn führe auch zu schlechterem Hören und Sehen. Und wenn jedes dritte Kind ohne Frühstück in die Schule gehe, führe die Unterzuckerung zu Konzentrationsschwäche und Unruhe. "Mit einfachen Mittel ließe sich viel bewegen", so Prof. Dr. Gönemeyer. Um die Kinder körperlich besser aufzustellen, könnte helfen, "die Vereinsarbeit im Sport zu fördern". Denn Bewegung führe dazu, dass sich das Gehirn weiterentwickelt. Für bessere schulische Leistungen empfahl der Mediziner zudem ein gemeinsames Frühstück in der Schule.
Ernährung und Bewegung spielen aber auch bei den Erwachsenen eine wichtige Rolle. "Mehr als 600 Muskeln im Körper müssen alle miteinander getaktet werden." So seien mehr als 100 Muskeln allein im Gesicht beim Sprechen in Bewegung.
Doch Muskeln, die zu wenig beansprucht werden, bereiten schnell Probleme - dies gilt besonders für die Volkskrankheit Rückenbeschwerden. Hierbei räumte Prof. Dr. Grönemeyer mit der Meinung auf, dass Rückenschmerzen in erste Linie durch die Bandscheiben der Wirbelsäule verursacht werden. "80 Prozent aller Rückenschmerzen entstehen durch verspannte Muskulatur. Nur drei bis fünf Prozent kommen von den Bandscheiben."
Seinen Worten zufolge werden heutzutage viel zu häufig Bandscheibenoperationen durchgeführt. Dabei ließen sich inzwischen Bandscheibenvorfälle auch mikrotherapeutisch behandeln. Wichtig sei dabei die bereits die Diagnostik. "Eine Computertomografie ist aussagekräftiger als ein Röntgenbild, auf dem der Zustand der Bandscheiben gar nicht zu erkennen ist", erläuterte der Professor. Sein Tipp: Wird als Therapie gegen Rückenschmerzen eine Bandscheibenoperation angeratenm, immer eine zweite und dritte Meinung von anderen Ärzten einholen.
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Die meisten Rückenbeschwerden entstehen durch Bewegungsmangel und Verspannungen, erläuterte der Mediziner Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer bei den diesjährigen "Kamingesprächen" des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau NRW in Gelsenkirchen. Fotos: pcw
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Mit Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer (l.) konnte GaLaBau NRW-Präsident Hans Christian Leonhards (r.) bei den "Kamingesprächen" einem Referenten den Landschaftsgärtner-Schirm überreichen, der interessante Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Körpers ermöglichte.